Es fehlt an allen Ecken und Enden: Laut einer aktuellen Auswertung beklagen allein in Österreich zwei Drittel aller Unternehmen einen Mangel an IT-Fachkräften. Tendenz dank der Digitalisierung immer mehr Lebensbereiche stark steigend.
Da nimmt es nicht Wunder, dass Arbeitgeber nach dem einen Erfolgsrezept für ihr IT-Recruiting suchen. Allein: Bei einer so heterogenen und gefragten Zielgruppe wie Entwicklerinnen und Entwicklern gibt es keinen Ansatz, der mit einem Schlag alle Probleme löst.
Wer genau hinhört, findet allerdings den einen oder anderen Hinweis, wie man die begehrten Mitarbeiter*innen zielgerichtet ansprechen und zuverlässig an Bord holen kann: Wir haben unseren aktuellen Developer-Report nach den besten Tipps durchforstet und präsentieren Ihnen die wichtigsten Punkte für Ihr IT-Recruiting.
Aktiv auf Developer zugehen
Grundsätzlich zeigen sich drei Viertel (73%) aller Entwickler*innen offen für Jobangebote. Aktiv auf der Suche sind zwar nur zwölf Prozent, weitere 38% jedoch sind guten Angeboten nicht abgeneigt. Jeder Zehnte ist offen für Remote-Jobs, und 13% ziehen Angebote an ihrem aktuellen Wohnort in Erwägung.
„Mein Tipp für Arbeitgeber*innen: Nicht warten, bis der Markt sich ändern, sondern selbst Änderungen in Angriff zu nehmen“, rät unsere IT-Recruitingexpertin Ana Gospodinova. „Die aktuelle Marktsituation darf keine Ausrede sein: Wenn man keine Schritte unternimmt, um sich den Gegebenheiten anzupassen und Flexibilität zu zeigen, kann man nur auf „post and pray“ setzen – und hoffen, dass sich genügend Kandidat*innen bewerben.“
Wichtige Informationen in die Stellenanzeige
Eine Bewerbung kommt für Entwicklerinnen und Entwickler am ehesten dann in Frage, wenn bereits von vornherein ein ansprechendes Gehalt, klare Entwicklungsmöglichkeiten und flexible Arbeitsorte geboten werden. „Machen Sie schon in der Jobanzeige klar, warum sich Entwicklerinnen und Entwickler bei Ihnen bewerben sollten, was Sie auszeichnet und das Unternehmen so besonders macht“, so Gospodinova. „Inkludieren Sie ein paar Stichworte zu Ihrem Tech-Stack, sprechen Sie kurz über aktuelle Projekte und erwähnen Sie ein paar Aufgaben, die zu erledigen sind.“
Das gibt für Developer den Ausschlag für eine Bewerbung:
- Gehalt
- Klare Entwicklungsmöglichkeiten
- Flexibler Arbeitsort
- Finanzielle Unterstützung bei gesundheitlichen Themen
- Leistungsbezogene Boni
- Keine Verpflichtung, ins Büro zu kommen
Kurze, transparente Bewerbungsprozesse
Der Bewerbungsprozess sollte kurz, aber fachlich auf hohem Niveau sein: Maximal zwei Gesprächsrunden akzeptiert man in Entwicklerkreisen, bevor man sich anderweitig orientiert. Recruiter*innen haben entgegen aller Vorurteile dabei gute Karten: Jeder fünfte Befragte (20%) ist gewillt, sich ein gutes Angebot anzuhören und für den richtigen Moment im Hinterkopf zu behalten.
Sind Recruiter*innen gut informiert und wissen über Branche und aktuelle Trends Bescheid, wirkt sich das ebenfalls positiv auf den Recruitingprozess aus: 16% ziehen in diesem Fall ein Gespräch in Frage.
Ana Gospodinova rät Arbeitgebern, jeden Schritt im Bewerbungsprozess so transparent wie möglich zu machen und zeitnah Feedback zu geben – und zwar auch im Fall einer Absage. „Gerade im IT-Bereich sind die Bewerbungen nicht so zahlreich, dass dafür keine Zeit bleiben würde. Damit gibt man Entwicklerinnen und Entwicklern wertvolles Feedback zu ihrem Verhalten im Recruitingprozess und bleibt ihnen gleichzeitig als ernst zu nehmendes Unternehmen im Gedächtnis, das man im Idealfall auch als Arbeitgeber*in weiterempfiehlt.“
Gespräche auf Augenhöhe
Das Thema Gehalt sollte schon im Jobinterview angesprochen werden: Fast die Hälfte aller Entwickler*innen (46%) interessiert ihr künftiger finanzieller Status - und wie er sich entwickeln kann. Auch die Ansprüche des künftigen Vorgesetzten und aktuelle Projekte des Unternehmens sollten Platz im Bewerbungsgespräch finden, ebenso wie Aufstiegschancen und die tägliche Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen. Letzteres interessiert vor allem weibliche Developer: Sie möchten besonders gern wissen, mit wem sie tagtäglich zusammenarbeiten werden.
Rudi Bauer, CCO & Chief Evangelist von WeAreDevelopers, rät Arbeitgebern, sich weder im Vorfeld noch im Gespräch zu sehr auf vergangene Leistungen zu konzentrieren. „Man kann aus der Vergangenheit nichts ableiten, was die künftige gemeinsame Zusammenarbeit betrifft. Vielmehr müssen wir Menschen dort abholen, wie sie heute stehen: Dafür brauche ich nicht mehr als eine Telefonnummer und einen Termin. Im Gespräch findet man dann schnell heraus, ob es miteinander passt – und wenn es nicht klappt, habe ich zumindest nicht viel Zeit verloren.“
Blick über die Landesgrenzen
Entwickler*innen aus dem Ausland anzusprechen ist eine der besten Methoden, den schwächelnden Talentpool im eigenen Land zu umgehen. Allein: Was bewegt Developer dazu, ihren aktuellen Wohnsitz zu verlassen und sich auf die Reise in ein fremdes Land zu begeben?
Die größte Rolle spielt - wie nicht anders zu erwarten - das Thema Gehalt. Gleich danach möchte man aber seine Lebensumstände verbessern, und zwar nicht nur für sich selbst, sondern auch für die Familie. Ebenfalls wichtig ist Entwicklerinnen und Entwicklern, ihren (fachlichen) Horizont zu erweitern und sich persönlich weiterzuentwickeln.
Das Erfolgsrezept, um Entwickler*innen im Ausland anzusprechen
- Hohes Gehalt
- Höhere Lebensqualität
- Bessere Lebensumstände für mich und meine Familie
- Weiterentwicklung des eigenen Fachwissens
- Erweiterung des eigenen Horizonts durch fremde Kulturen
In vielen, aber längst nicht allen Unternehmen ist dabei mittlerweile angekommen, dass IT-Fachkräfte nicht zwangsläufig die Landessprache beherrschen müssen. Rudi Bauer: „Nur weil wir jeden Film auf Deutsch synchronisiert kriegen, heißt das nicht, dass wir die deutsche Sprache auch im Arbeitsalltag einzufordern. Es ist kein Recht, nur mit perfekt Deutsch sprechenden Menschen zusammenzuarbeiten.“
Absolute No-Gos im Bewerbungsprozess
Natürlich können Arbeitgeber auch auf traditionelle Bewerbungsprozesse und klassische Abläufe setzen. Das Problem: Wer nicht aufpasst, wird in Zeiten wie diesen schnell geghostet – und das aus durchaus guten Gründen.
So zieht sich etwa rund ein Viertel aller Befragten (24%) zurück, wenn sie das Gefühl haben, dass sie und ihr künftiger Vorgesetzter nicht gut zusammenpassen. Weitere zwölf Prozent verzichten auf eine Bewerbung, wenn - anders als versprochen - remote work doch nicht möglich ist. Ebenso viele haben auch keine Lust, für ein Unternehmen zu arbeiten, das ihr Produkt oder Dienstleistung nicht schlüssig erklären kann.
Diese Fehler sollten Arbeitgeber auf keinen Fall machen
- Teamleader ohne Menschenkenntnis einsetzen
- Remote work versprechen, aber nicht halten
- Recruiter ohne Erfahrung vorschicken
- Keinen Teamspirit vermitteln
Rudi Bauer: „Es geht darum, seine Geschichte so zu erzählen, dass sie Menschen berührt, und diesen dann auch die Chance zu geben, an Bord zu kommen. Damit ist es aber noch nicht getan: Auch in der täglichen Arbeit müssen Ziele deutlich gemacht und klar kommuniziert werden. Andernfalls entsteht Stress und Unzufriedenheit. Nur wenn man den Leuten erklärt, warum man als Unternehmen etwas tut, reduziert man das Stresslevel – und spricht Talente auf individueller Ebene an.“
Fazit: Jedes Unternehmen hat sein eigenes Erfolgsrezept
Letztlich findet jedes Unternehmen mit ein wenig Kreativität und Innovation sein eigenes Erfolgsrezept für das IT-Rekruting – aber nur mit sorgfältiger Vorbereitung und dem richtigen Ansatz. Wer auf der Suche nach talentierten und erfahrenen Entwickler*innen ist, muss sicherstellen, dass der Rekrutierungsprozess bei der Zielgruppe Anklang findet und von Anfang an auf eine starke Verbindung zwischen Team und künftigen Mitarbeiter*innen setzen. Nur so können Unternehmen wirklich die besten Talente gewinnen – und gleichzeitig der eigenen Arbeitgebermarke gerecht werden.