Die Digitalisierung von Arbeit und Alltag wurde durch die Corona-Pandemie zusätzlich angekurbelt und auch der Bedarf an IT-Fachkräften ist in die Höhe geschnellt. Um die klaffende Lücke zwischen der Anzahl ausgeschriebener Jobs und qualifizierter Kandidat*innen zu schließen, sehen sich Unternehmen und Recruiter*innen verstärkt am internationalen Talentmarkt um.
Wir zeigen, mit welchen Strategien Sie erfolgreich internationale Developer*innen für Ihr IT-Team finden und binden können.
Neue und individuelle Wege im IT-Recruiting
Die Zahlen sind verheerend: In Deutschland mangelt es aktuell an rund 100.000 IT-Fachkräften, Österreich trifft es verhältnismäßig mit 24.000 unbesetzten Arbeitsplätzen noch schwerer - Tendenz steigend. Die Gründe dafür sind vielfältig: Arbeitsmarktexpert*innen sprechen vom demografischen Wandel, aka sinkende Zahlen von Menschen im arbeitsfähigen Alter. Die Anforderungsprofile für IT-Spezialist*innen erfordern häufig akademische Ausbildungen, jahrelange Berufserfahrung und spezifische Skills, was den Kandidat*innenpool zusätzlich einschränkt. Vor allem im Software Engineering und Web Development fehlt es an qualifizierten Bewerber*innen, laut einer WeAreDevelopers Studie sucht nur jeder zehnte Entwickler aktiv nach einem Job, immerhin 57 Prozent wären offen für einen Jobwechsel.
Seit der Pandemie dämmert es immer mehr Recruiter*innen, dass virtuelle Netzwerke Landesgrenzen zunehmend aufweichen und internationale Talente die Krise abfedern könnten.
Chancen des internationalen Recruitings
Neben der reinen Besetzung vakanter Stellen kann das Einbinden internationaler IT-Fachkräfte einige Vorteile für Unternehmen bringen. Die niedrige Frauenquote und Diversität im Software Engineering ist immer noch allgegenwärtig, durch qualifizierte Kandidat*innen aus dem Ausland können Sie dem entgegenwirken und eine offene, moderne Unternehmenskultur fördern. Die unterschiedlichen Perspektiven und Erfahrungsschätze von internationalen Teams fördern nachweislich innovative und kreative Problemlösungen. Nicht zuletzt liefern Mitarbeiter*innen aus verschiedenen Ländern Einblicke über die internationale Konkurrenz und können dabei helfen, neue ausländische Märkte zu erschließen.
Recruiting im Ausland: Hier finden Sie die besten Talente
Mit der Ausweitung des Talentpools besteht die Gefahr, schnell den Überblick zu verlieren. Informieren Sie sich daher zu Beginn darüber, welche Länder grundsätzlich für Ihre Suche in Frage kommen. Ein paar Schlüsselfaktoren für die Auswahl sind etwa erforderte (Mindest-)Sprachkenntnisse, aufenthaltsrechtliche Abkommen, der Arbeitsmarkt für IT-Jobs und der Status von Technikausbildungen und digitaler Innovation im Land.
Internationale Studien und Rankings führender Developer-Plattformen wie WeAreDevelopers, Devskiller und Hackerrank können dabei hilfreiche Indikatoren sein.
IT-Recruiting im Osten und Süden Europas lohnt sich
Für den DACH-Raum ist es empfehlenswert, zuerst Kandidat*innen aus Nachbarländern zu screenen, da Entfernungen und Kulturelle Unterschiede weniger gravierend sind. Aus mehreren Studien geht hervor, dass hier osteuropäische Länder wie Polen, Ungarn und die Slowakei Top Destinationen für IT-Fachkräfte sind. Aber auch südeuropäische Länder, vor allem Italien, Spanien und Portugal, verfügen über hochqualifizierte Entwickler*innen, die unter anderem von UK und US-Firmen angeworben werden. Was den Anteil von Frauen in der IT-Branche angeht, ist Irland an der Spitze.
Außereuropäische Länder sind stets hoch im Kurs beim internationalen IT-Recruiting, ein Großteil der insgesamt 11 Prozent ausländischer IT-Spezialist*innen in Deutschland kommt etwas aus Indien, Russland und der Türkei.
In 5 Schritten zur internationalen Fachkraft
Eine umfassende Strategie ist beim internationalen IT-Recruiting am wichtigsten - beachten Sie dabei fünf grundlegende Schritte:
- Positionieren Sie sich als attraktive*r Arbeitgeber*in
Werden Sie vor der Kandidat*innensuche einen Blick in den metaphorischen Spiegel: Was sagen Ihre Webseite, die Social Media Präsenz oder Arbeitgeberbewertungen über Ihr Unternehmen aus? Neben spannenden Projekten und angemessenem Gehalt suchen Entwickler*innen nach einem sympathischen und innovativen Arbeitsumfeld mit Möglichkeiten für Weiterbildung und Upskilling. Zeigen Sie durch authentisches Employer Branding, dass es sich lohnt Teil Ihres Teams zu werden.
- Analyse und Auswahl der Recruiting-Länder
Nach dem Erstellen eines genauen Anforderungsprofils können Sie vergleichen, in welchen Ländern die gesuchten Kompetenzen am stärksten vertreten sind. Fokussieren Sie beim Recruiting am besten wenige ausgewählte Zielorte und erkundigen Sie sich nach internen Empfehlungen oder Kontakten.
- Recruiting: Kandidat*innensuche
Beachten Sie im Anforderungsprofil und beim CV-Sichten, dass akademische Qualifikationen international unterschiedlich sind und Programmierer*innen überdurchschnittlich oft Autodidakt*innen sind. Als Schnittstelle in den ausgewählten Ländern können lokale, auf IT-Fachkräfte spezialisierte Personalunternehmen hilfreich sein. Einige Initiativen und Netzwerke wie EURES (Europa), ZAV (Deutschland) und ABA (Österreich) haben sich auf die internationale Job-Vermittlung spezialisiert. Außerdem gibt es viele Möglichkeiten für Online Active Sourcing in beliebten Development-Communities wie Github und Stackoverflow.
- Bewerbungsprozess: Remote und interaktiv
Bei IT-Fachpositionen macht es Sinn, den Kandidat*innenkreis in mehreren Stufen einzuschränken: Einem technischen Assessment-Gespräch, einer praktischen Coding-Aufgabe und einem vertiefenden persönlichen Gespräch. Machen Sie sich virtuelle Kommunikationstools zu nutze, um sich per Video auszutauschen, die Büroatmosphäre zu zeigen und den Erstkontakt mit dem IT-Team zu ermöglichen.
- Mitarbeiter*innen integrieren und fördern
Nach der gelungenen Einstellung ist die Art und Weise, wie Sie die internationalen Talente willkommen heißen und bei der Integration in Ihr Unternehmen unterstützen ausschlaggebend für eine langfristige erfolgreiche Beziehung.
So gelingt der erfolgreiche Beziehungsaufbau
Beim Rekrutieren internationaler Kandidat*innen bestehen auf Seiten von Arbeitgeber*innen sowie -nehmer*innen Herausforderungen und Unsicherheiten. Mit ein paar Checkpunkten können Sie diese bewältigen.
Sprachbarrieren und Rechtsunsicherheit als größte Hürden
Jede*r Softwareentwickler*in sollte auf Englisch kommunizieren können, für die Integration im Unternehmen und Inland sind Deutschkenntnisse auf Dauer notwendig. Beugen Sie möglichen Sprachbarrieren vor, in dem Sie einen vorbereitenden und begleitenden Sprachkurs anbieten.
Rechtliche Unklarheiten sollten bereits vor dem Bewerbungsprozess ausgeräumt werden, um spätere Missverständnisse zu umgehen. Informieren Sie sich und die Bewerber*innen über die Voraussetzungen für Aufenthalt und Arbeit in Ihrem Land und bieten Sie Unterstützung bei Anträgen bzw. Behördengängen an.
Diversity Trainings für eine langfristig erfolgreiche Zusammenarbeit
Eine offene Unternehmenskultur, in der sich Mitarbeiter*innen unabhängig von ihrem Geschlecht, ihrer religiösen und politischen Überzeugung oder ihrer ethnischen Zugehörigkeit wohlfühlen, ist für internationale Teams eine Grundvoraussetzung. Da dies nicht von heute auf morgen entsteht, ist es hilfreich Ihre bestehenden und neuen Teammitglieder durch Diversity Workshops und individuelles Mentoring zu sensibilisieren.
Digitales Onboarding leicht gemacht
Für neue Arbeitskräfte aus dem Ausland sind vor allem die ersten Wochen nach Einstellung turbulent - erleichtern Sie den Prozess durch digitales Onboarding. Schon vor Arbeitsbeginn können Sie einen gemeinsamen Einarbeitungsplan erstellen, einen Buddy für den ersten Austausch organisieren und das Team digital vorstellen. Für Developer*innen ist der Einstieg leichter, wenn Sie alle wichtigen Infos zum Projekt und die vorhandene Dokumentation bereitstellen.
Als stille*r Beobachter*in in Team-Videocalls und Projektmanagement-Workflows kann man sich einen ersten Überblick verschaffen. Vor allem in den ersten Arbeitsmonaten spielen regelmäßige Kommunikation und Feedback eine große Rolle.